WAZ (Dortmund) Premierenkritik

Neuer Kurs bei der Volkshochschule: Richtig Jammern

Geistreiches mit Hubert Burghardt

„O Malheur! Ich hasse mich und ich schwör', was ich auch immer beginn' - der Wurm ist schon drin". singt Hubert Burghardt in seinem neuen Programm „Schuld sind immer die andern!"
Da ist allerdings alles andere als der Wurm drin - statt dessen viel geistreicher und teilweise frecher Witz. Hubert Burghardt - ein Mann, wie ihn sich jede Mutter einer Tochter zum Schwiegersohn wünscht - quasselt die Hörer fast schwindelig. Man muss flott sein, um jeden Gag mitzubekommen, fühlt sich manchmal bombardiert wie der Teilnehmer einer Werbeverkaufsveranstaltung.
Statt auf einen Bauernhof zu Kaffee und Kuchen führt er die Zuschauer u. a. in ein VHS-Seminar: „jammern, aber richtig“ steht auf dem Programm. Vom grundlosen Jammern über das Einwand-Jammern bis hin zum Abwehrjammern lernen die Teilnehmer diese in Deutschland so wichtige Fähigkeit in allen Facetten kennen. Denn: Durch jammern lassen sich Pfründe sichern. Richtiges jammern bewahrt Privilegien und Besitzstände.
„Vom Fötus bis zur Asche füllt der Staat dir noch die Tasche" - diesem in den Jahren des Wirtschaftswunders noch uneingeschränkt geltenden Satz gilt es, auch in Zeiten der Rezession seinen Wahrheitsgehalt zu bewahren. Und frei nach dem Motto „Leben ist alles zwischen auf die Erde kommen und Erde auf einen kommen" kriegen alle ihr Fett weg, die dem braven Bundesbürger das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Der Handwerker für seine zu hoch ausgefallene Rechnung. Der Schönheitschirurg „Dr. Al-Macht" aus Syrien, der seinen Facharzt in Damaskus gemacht hat, weil man im Bürgerkrieg schnell sein Gesicht verlieren kann. Der Vertreter, der versucht, dem Kabarettisten die Prinzipien der freien Marktwirtschaft zu erläutern und am Ende meint, er habe etwas mit ihm gemein, weil schließlich auch er zur Meinungsbildung beitrage.
Wer sich angesichts dieser geballten Ladung intelligenten Witzes und respektlosen „Auf-die-Schippe-Nehmens" nicht amüsiert hat, ist selber Schuld. Denn: „Schuld sind immer die andern!" MLG


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